Bedarfe an ein Medizinisch-Soziales Kompetenznetzwerk für Geschädigte von Gesundheitsskandalen
Teilnehmer und Teilnehmerinnen waren: MdB Martina Stamm-Fibich (Schirmherrin, Patientenbeauftragte der SPD), MdB Linda Heitmann, Herr Erkan Ertan (Büro des Patientenbeauftragten der Bundesregierung), Frau Lorenz (Büro MdB Heitmann), Herr Hoang (Büro MdB Piechotta), Cornelia Michel (Initiatorin AllGeGe, VOB e.V.), Susanne Michel-Stolzenburg (VOB e.V.), Cornelia Mader (Gadolinium-Geschädigte), Dorothy Bergmann (Anti-D-HCV-Geschädigte)
Leider war die Teilnahme für folgende Teilnehmer und Teilnehmerinnen wegen technischer Probleme erschwert bzw. unmöglich: Veronika Helmich (Gadolinium), Andre Sommer (Duogynon), Margit Papke (Anti-D-HCV-Geschädigte)
Protokoll: Susanne Michel-Stolzenburg
Frau MdB Stamm-Fibich begrüßt die Teilnehmenden und dankt für die kompakten und informativen Entwürfe zu den Kompetenzzentren. Sie erkennt die Bedarfe an medizinischer Betreuung, die wichtige Vernetzung der Behandelnden, den multidisziplinären Ansatz, die Wichtigkeit von Heil- und Hilfsmitteln und die niedrigschwellige leichte Erreichbarkeit als we- sentliche Elemente der Kompetenznetzwerke an. Großen Bedarf sieht sie bei einer besse- ren Verzahnung mit dem Arbeits- und Sozialministerium bei den sozialen Fragen. Fortbil- dungen für Medizinisches Personal hält sie für wichtig, die Forschung zu den Krankheitsbil- dern muss intensiviert werden.
Frau Michel berichtet für den VOB e.V., dass die Antwort der Bundesregierung auf die von MdB gestellte Kleine Anfrage enttäuschend war. Dem VOB stellt sich nun die Frage, wer im BMG für die Belange des VOB zuständig ist, dazu gibt es widersprüchliche Aussagen, die als Hinhaltetaktik interpretiert werden könnten.
Frau Mader berichtet für die Gadolinium-Geschädigten, dass diese bisher lediglich Face- book-Gruppen als Anlaufstelle hätten. Von den Gesundheitsbehörden und den Ärzt:innen fühlen sich die Geschädigten im Stich gelassen. Sie fordert die offizielle Einordnung der Ga- dolinium-Vergiftung als Krankheit. Die Betroffenen litten unter Fehldiagnosen und zu knap- pen Behandlungsmöglichkeiten.
Frau Bergmann berichtet für die Anti-D-HCV-Geschädigten, dass das Hilfegesetz nicht aus- reiche. Die Geschädigten stünden unter Rechtfertigungsdruck durch die Versorgungsämter, die regelmäßig die Forderungen zurückweisen. Auch die seelischen Belastungen würden nicht angemessen anerkannt.
Eine Stellungnahme der Duogynon-Geschädigten fehlt, da Herr Sommer wegen technischer Probleme nicht an der Sitzung teilnehmen konnte.
Frau Michel stellt fest, dass sich trotz verschiedener Bedarfe und Ausgangslagen zahlreiche Probleme überschneiden-.
Kompetenznetzwerk – Möglichkeiten der Umsetzung
Frau Michel berichtet, dass Herr MdB Irlstorfer gesonderte Strukturen für Geschädigte von Gesundheitsskandalen vorschlägt und diese nicht an die Zentren für Seltene Erkrankungen andocken möchte.
Frau MdB Stamm-Fibich hält den Aufbau spezifischer Strukturen für langwierig und sieht geringe Chancen, diese zu verwirklichen. Sie würde es vorziehen, an bestehende Versor- gungsangebote anzuknüpfen und diese zu verbessern. Noch in dieser Legislatur sollen Betroffene von zwei neuen Versorgungsgesetzen profitieren. Sie hält niedrigschwellige Angebote für wichtig, die schnell und umfassend Überblick über Ansprüche und Möglichkeiten geben. Wie von den Geschädigten gefordert, sollen soziale und gesundheitliche Beratung verknüpft werden. Ein Weg dazu könnte die Bereitstellung von Patientenlotsen sein, wie sie bei Modellprojekten durch den Innovationsfonds der GKV gefördert wurden. Für Anspruchsberechtigte solle ein solcher Lotse zum Regelbedarf hinzugefügt werden, wer zu diesem Kreis gehören kann, muss noch ermittelt werden.
Aufgaben der Lotsen wären laut Frau MdB Stamm-Fibich und Frau MdB Heitmann die unabhängige Beratung der Patient:innen, sie sollen die Versorgungskette kennen, die passenden Angebote zur Unterstützung finden, deren Beantragung und Durchsetzung ermöglichen und Schnittstelle sein zur sozialen Versorgung. Frau MdB Heitmann ergänzt, dass die genaue Qualifikation der Lotsen noch entwickelt werden müsse.
Frau Michel fragt, wie die Lotsen von den Patient:innen erreicht werden könnten. Frau MdB Stamm-Fibich sieht eine Möglichkeit zur Kontaktaufnahme über Selbsthilfegruppen.
Frau MdB Stamm-Fibich hebt den Bedarf an Informationen und Weiterbildungen hervor, den die Geschädigtengruppen in ihren Konzepten festgestellt hatten. Einen Adressenpool von Fachkräften hält sie für grundlegend, außerdem soll das Verständnis bei den Behandelnden und bei der Öffentlichkeit geweckt werden.
Frau MdB Stamm-Fibich hebt hervor, dass das gute Modellprojekt der Lotsen in die Regelversorgung überführt werden soll. Sie bemängelt, dass Veränderungen allgemein viel zu langsam in Gang kämen. Deswegen hält sie das Anknüpfen an dieses Projekt für zielführender als neue Strukturen für ein Kompetenznetzwerk zu erarbeiten.
Frau MdB Heitmann betont, dass die Lotsenstruktur noch in dieser Legislatur in eines der beiden im Koalitionsvertrag festgeschriebenen Versorgungsgesetze einfließen soll.
Entschädigungsfonds
Auf Nachfrage von Frau Michel gibt Frau MdB Stamm-Fibich zu, dass das Errichten eine Entschädigungsfonds zwar im Koalitionsvertrag stehe, aber noch nicht umgesetzt sei, da sich drei Koalitionspartner einigen müssten.
Frau Michel betont, dass sich die Situation der Contergangeschädigten nach Verbesserungen der Gesetzeslage entscheidend gebessert habe. Grundlage dafür war ein aufwendiges juristisches Gutachten. Die anwesenden Politikerinnen bestätigen, dass fundierte juristische Gutachten entscheidend helfen können, die Notwendigkeit und die Struktur eines solchen Fonds zu erhärten. Zu klären wäre die Finanzierung, wünschenswert wäre eine Beauftragung durch das BMG.
Runder Tisch
Es wird diskutiert, ob die verschiedenen Geschädigtenverbände zu einem Runden Tisch mit dem Patientenbeauftragten der Bundesregierung zusammenkommen können. Herr Ertan möchte auf jeden Fall mit den Gruppen im Gespräch bleiben und will Fragen an Herrn Pati- entenbeauftragten Schwartze weiterleiten.
Frau MdB Stamm-Fibich sieht aufgrund der sehr verschiedenen Ausgangslagen bei den Geschädigten hier Schwierigkeiten, die verschiedenen Ebenen miteinander zu verbinden.